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Das eigene Unternehmen loslassen
Foto Eich – Eich & Stein GbR
Allein in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis brauchen in den nächsten zehn Jahren rund 4.000 Familienunternehmen eine Nachfolge. Das Beispiel von Foto Eich in Rheinbach zeigt, dass dies gerade in einer wandelnden Branche nicht immer ganz leicht ist. Und wie hilfreich – vor allem bei einer Übergabe in der Familie – kompetente Beratung durch Profis sein kann.
Foto Eich, das ist ein klangvoller Name in Rheinbach. Vor 40 Jahren gründete Alfred Eich das Unternehmen, über die Jahre kamen vier Filialen in der Region hinzu. Filme entwickeln, Abzüge herstellen, Kameras verkaufen, das war bis weit in die 90er Jahre ein einträgliches Geschäft - und für den Gründer weit mehr als eine Einkommensquelle. „Ein solches Unternehmen aus dem Nichts aufzubauen, das ist, als würde man ein Kind großziehen“, sagt Alfred Eich heute.
Dieses „Kind“ in die Selbstständigkeit zu entlassen, ist dementsprechend nicht einfach. Während der Corona-Pandemie kam dem Unternehmer zum ersten Mal der Gedanke, dass es dafür an der Zeit sein könnte. Als Mittsechziger zog er sich damals weitgehend aus dem Tagesgeschäft zurück, um sich keinem gesundheitlichen Risiko auszusetzen. Außerdem begann er, sich in den Hilfsaktionen für Opfer der Flutkatastrophe von 2021 im Ahrtal zu engagieren, und gründete den Verein „Rheinbach hilft“, der inzwischen auch Menschen in der Ukraine unterstützt.
Sohn des Gründers setzt auf Digitalisierung
Alfred und Marcel EichSohn Marcel Eich war 2016 mit in das Geschäft eingestiegen und hatte schnell begonnen, das Angebot von Foto Eich zu erweitern. Ihm war klar: In Zeiten der Digitalisierung und des Siegeszugs der Smartphones konnte sich das Unternehmen nicht auf die klassischen Leistungen beschränken. „Als erstes haben wir die Digitalisierung von alten Medien wie Super8-Filme, VHS-Kassetten, Negativen, Schallplatten oder Tonbändern ausgebaut. Das Motto ist: Wir retten Erinnerungen! Das wurde sehr gut angenommen“, berichtet Marcel Eich.
Der Sohn des Gründers übernahm in der Folgezeit zunehmend die Aufgabe, das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Eine Entwicklung, die sich zunächst gar nicht abgezeichnet hatte. Marcel Eich absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Physiotherapeuten, aber ihm wurde schnell klar, dass er in diesem Beruf nicht weiter arbeiten wollte. Also schloss er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann an. Nach dem Einstieg in die Firma des Vaters folgte eine Reihe von Fortbildungen im Bereich Fotografie, und schließlich lief doch alles auf die Übernahme des Geschäfts hinaus.
IHK-Beratung hilft bei Übergabe
Nur: Wie regelt man das? Gibt es einen sauberen Schnitt? Welchen Einfluss hat der Vorbesitzer, der zugleich auch Vater des Nachfolgers ist? Alfred und Marcel Eich räumen beide offen ein, dass dieser Prozess nicht ohne Konflikte ablief. Der Sohn wollte vieles verändern. Für den Vater waren die Veränderungen gelegentlich zu massiv, gingen zu schnell. Beide entschieden sich schließlich für Hilfe von außen.
Michael Pieck, Gesamtbereichsleiter Unternehmensförderung und Servicecenter der IHK Bonn/Rhein-Sieg und Experte für die Nachfolgeberatung, führte zunächst lange und intensive Einzelgespräche mit Vater und Sohn, zum Schluss auch mit beiden gemeinsam. „Es war ein typischer Generationenkonflikt, in dem es oft Spannungen gibt, weil man nicht wirklich offen miteinander spricht“, sagt Pieck. Er skizzierte Wege zu einer Lösung, die aus seiner Sicht einen klaren Schnitt beinhalten musste. „Oft wollen die Übergebenden noch als Angestellte oder über einen Beratervertrag mitarbeiten, aber das funktioniert meistens nicht gut“, sagt Pieck.
Das Wichtigste in der Beratung sei, allen Beteiligten Raum zu geben für ihre Vorstellungen, Ideen – und auch Befürchtungen. Die IHK Bonn bietet neben solchen Einzelgesprächen auch regelmäßige Sprechtage an und kann aus dem Netzwerk Unternehmensnachfolge bei Bedarf eine passende Unternehmensberatung vermitteln.
Nachfolger suchte sich Geschäftspartner
Schlüsselübergabe: Alfred und Marcel Eich haben sich mithilfe eines Mediators auf eine gute Lösung verständigt.Alfred und Marcel Eich haben sich mithilfe ihres Mediators auf eine gute Lösung verständigt, im Juli 2024 fand die offizielle Übergabe statt. Alfred Eich fasst den Kern der Einigung so zusammen: „Ich halte mich raus, anders kann das nicht funktionieren. Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen.“
Der neue Inhaber will sich auf die eigene Expertise allein allerdings nicht verlassen. Ihm fehle „für das Unternehmerische noch die Sicherheit“, sagt er, und so hat er sich einen Geschäftspartner gesucht, der sich nicht nur finanziell an der gemeinsamen GbR beteiligt, sondern auch sein Mentor ist.
„Marcel muss nicht die Fehler machen, die ich anfangs gemacht habe“, erklärt Dirk Stein, der seit 35 Jahren Unternehmer im Bereich Tanz- und Tanzsportbekleidung ist. Er betreibt mehrere Firmen, darunter dance-fit, einen Onlineshop für Tanzsportbekleidung. Außerdem bietet er Workshops im Bereich des karnevalistischen Tanzsports.
Der Zufall spielt mit
Es war ein Zufall, der die beiden Geschäftspartner zusammenführte. Marcel Eichs Lebensgefährtin Manuela Enders arbeitet im Unternehmen von Dirk Stein. Die möglichen Synergien zeigten sich schnell: Foto Eich als Spezialist für Bildverarbeitung und -druck, der sich mit einem Komplettservice vor allem für Unternehmen in den Bereichen, Arbeitskleidung, Produktfotos und Logos etablieren will, und Steins Firma als Anbieter von individuell bedruckter und beflockter Tanzsportkleidung.
Neue Geschäftspartner: Marcel Eich und Dirk Stein „Wir werden bald sicher der größte Kunde von Foto Eich sein“, sagt Stein voraus. Eich hat die technischen Voraussetzungen dafür schon geschaffen, kann selbst vor Ort im hochmodernen Direct-to-film-Verfahren Textilien bedrucken. Wenn dieser Bereich wächst wie gewünscht, dann soll vermutlich in der Nähe von Rheinbach eine eigene Produktionsstätte entstehen. Das alteingesessene Fotogeschäft Eich im Zentrum von Rheinbach wird aber bleiben. Es wurde umgestaltet und die Einrichtung an das veränderte Angebot angepasst.
Dem Gründer-Vater dürfte das nur recht sein. Er hat mittlerweile gar nicht mehr die Zeit, sich viele Gedanken um sein ehemaliges Unternehmen zu machen. Stattdessen engagiert sich der jetzt 70-Jährige weiter stark als Vorsitzender von „Rheinbach hilft“. Und ist als Reporter für eine Lokalzeitung fast täglich zu Interviews oder Veranstaltungen unterwegs. In das berüchtigte „Loch“ nach Ende des Arbeitslebens ist er nicht gefallen.
Von Werner Grosch, freier Journalist, Sankt Augustin
EICH & STEIN GBR
Standort: Vor dem Dreeser Tor 8-10, 53359 Rheinbach
Geschäftsführende Gesellschafter: Marcel Eich, Dirk Stein
Gründungsjahr: 1984
Beschäftigte: 2
Internet: www.foto-eich.de