Das Team führt das Team

BusinessCode GmbH

Allein in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis brauchen in den nächsten zehn Jahren rund 4.000 Familienunternehmen eine Nachfolge. Die Übernahme durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann eine tragfähige Lösung sein – wie das preisgekrönte Beispiel des Bonner Softwareentwicklers BusinessCode zeigt.

Es ist eine Geschichte wie tausend andere und doch wie kaum eine sonst: Im Jahr 1999 gründete der IT-Spezialist Hanno Gehron in Bonn das Unternehmen BusinessCode. Als Ein-Mann-Betrieb, mit Unterstützung von ehemaligen Kommilitonen, die er vom wöchentlichen Fußballtreff kannte. Über die Jahre entwickelte sich der IT-Dienstleister zum Anbieter spezialisierter Software für die Logistik, wuchs und gewann Großkunden wie die Deutsche Post DHL. BusinessCode wurde zu einem etablierten Unternehmen, entstanden aus der Idee und dem Elan seines Gründers. Wie so oft.

Früher als gedacht musste Gehron aber die Zukunft der Firma in andere Hände geben, weil die eigene Gesundheit den vollen Einsatz als Chef nicht mehr zuließ. Er übertrug zunächst die Geschäftsführung an Martin Schulze, den er schon in der Anfangszeit als Studenten beschäftigt hatte und der später lange für den Vertrieb verantwortlich war. Aber Gehron wollte auch die Mehrheit der Anteile abgeben und suchte zunächst externe Kaufinteressenten. Schnell entwickelte sich im Team jedoch die Idee, das Unternehmen selbst zu übernehmen. Und hier fängt der ungewöhnliche Teil der Geschichte an.

Offene Kultur gepflegt

Die Voraussetzungen für ein Management-Buy-Out waren offenbar ideal. Zehn Mitarbeitende, die allesamt selbst schon mindestens seit zwölf Jahren für BusinessCode arbeiteten, entschlossen sich gemeinsam zu diesem Schritt. Allen anderen stand diese Möglichkeit aber auch offen, ausgeschlossen wurde niemand. Die neun Männer und eine Frau übernahmen schließlich 80 Prozent der Anteile, die verbleibenden 20 Prozent blieben beim Gründer und einem ehemaligen Mitarbeiter. Kurz nach dem 20-jährigen Jubiläum der Firma war dieser Prozess abgeschlossen, im Jahr darauf erhielt das Unternehmen als Vorbild einer Übernahme den Mittelstandspreis „Ludwig“ von der IHK Bonn/Rhein-Sieg und der Handwerkskammer zu Köln.

Der Weg dorthin dauerte allerdings über mehrere Jahre. Denn auch wenn alle Beteiligten ein lange gewachsenes Vertrauensverhältnis hatten und es in der Firma bereits eine offene Kultur mit flachen Hierarchien gab, waren Hürden zu überwinden. „Aus Kollegin und Kollege werden plötzlich Chef oder Chefin, das kann zu Problemen führen. Man muss in einem solchen Verfahren unbedingt alle Mitarbeitenden mitnehmen“, rät Michael Pieck, Nachfolgeexperte der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Es müsse auch transparent sein, wie die Entscheidungswege künftig aussehen. „Und das sichert man am besten durch einen Gesellschaftervertrag ab, gerade dann, wenn es so viele Beteiligte gibt“, sagt Pieck.

Entscheidungswege klar geregelt

Martin Bernemann (l.) und Martin Schulze führen die GeschäfteDie neue Inhaberin und die neuen Inhaber nahmen für ihr Modell juristische Beratung in Anspruch. Zwei Regelungen waren ihnen dabei besonders wichtig: Zum einen darf niemand Anteile ohne Zustimmung der anderen verkaufen. Und zum anderen sind die Anteile zwar unterschiedlich verteilt, aber so, dass niemals nur einer oder zwei der Beteiligten eine Mehrheit bei strittigen Entscheidungen hätten. „Aktuell ist es so, dass je nach Anteil mindestens vier sich zusammentun müssten, um eine Mehrheit zu haben. Aber in der Praxis brauchten wird diese Regelung noch nie, weil wir bisher immer gemeinsam Lösungen gefunden haben“, sagt Schulze, der sich seit 2020 die Geschäftsführung mit Martin Bernemann teilt.

Neuer Schwung im Unternehmen

Die Entwicklung seit der Übernahme sehen die beiden Geschäftsführer durch und durch positiv. Zwar sei BusinessCode schon zuvor erfolgreich gewesen, aber mit der Übernahme sei nochmal ein Ruck durch das Unternehmen gegangen. Für Co-Geschäftsführer Bernemann hat das einen eindeutigen Grund: „Mit der Übernahme konnten wir neue Themen, die durch die unklare Situation vorher nicht angegangen werden konnten, realisieren und uns breiter aufstellen.“

Arbeitsplatz mit Blick auf die UniDafür haben sich nicht nur die Miteigner engagiert, sondern das ganze Team. Zahlen belegen den Erfolg: Schon in den ersten drei Jahren nach dem Buy-Out stieg der Umsatz um 60 Prozent, auch die Zahl der Beschäftigten wuchs. Das Unternehmen konnte eine Reihe neuer Kunden gewinnen und ist an großen internationalen Projekten beteiligt. Nicht zuletzt hat BusinessCode den neuen Schwung schon kurz nach der Übernahme für die Gründung einer Tochter genutzt, die wie ein Start-up angelegt ist. Die Firma BlueBox Systems vertreibt inzwischen weltweit ihr Produkt BlueBoxCargo. Diese Software für die Logistik macht die gesamte Lieferkette in Echtzeit transparent. „So lässt sich in der Luftfracht ressourcensparend disponieren und Lieferketten lassen sich dauerhaft resilienter gestalten“, erklärt Schulze.

Der große Vorteil des Buy-Out

Ein Übernahmemodell wie bei BusinessCode lässt sich natürlich nicht eins zu eins auf jedes andere Unternehmen übertragen. Aber einen Vorzug hat das Buy-Out immer, meint Martin Schulze: „Es ist ja niemand so gut auf die Übernahme vorbereitet wie diejenigen, die schon jahrelang Verantwortung für die Firma getragen haben.“

Von Werner Grosch, freier Journalist, Sankt Augustin

BUSINESSCODE GMBH
Standort: Am Hof 28, 53113 Bonn
Geschäftsführung: Martin Schulze, Martin Bernemann
Gründungsjahr: 1999
Beschäftigte: 30
Internet: www.business-code.de