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Validierungsverfahren
Das berufliche Feststellungsverfahren
Menschen ohne Berufsabschluss in ihrem Tätigkeitsfeld haben es in der Arbeitswelt nicht immer leicht. Ihnen fehlt ein anerkannter Nachweis über ihr fachliches Knowhow und über das, was sie können. Beispielsweise wenn sie arbeitslos werden, kann dies ein handfestes Problem werden, denn auf dem Arbeitsmarkt werden sie leicht übersehen oder unterschätzt. Aber auch ein Arbeitgeberwechsel kann sich ohne Nachweis schwierig gestalten.
Mit dem Validierungsverfahren werden berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Referenzberuf) erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, bewertet und bescheinigt.
Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens wird die berufliche Handlungsfähigkeit bei vollständiger Vergleichbarkeit in einem Zeugnis oder bei überwiegender Vergleichbarkeit in einem Bescheid schriftlich bescheinigt.
Das hilft nicht nur der Einzelperson, sondern auch den Unternehmen. Sie können damit die Fähigkeiten und das Können von Menschen ohne Berufsabschluss besser einschätzen. So können sie ihre Mitarbeitenden passgenauer einsetzen und zielgerichtet weiterqualifizieren.
Für die Unternehmen kann das Verfahren somit zu einem Baustein in einer Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung und Mitarbeiterbindung werden.
FAQ
- An wen richtet sich das Verfahren?
- Wer kann an dem Validierungsverfahren teilnehmen?
- Sind Deutschkenntnisse nötig?
- Was ist ein Referenzberuf?
- Wie viel Berufserfahrung braucht man, um an einem Validierungsverfahren teilnehmen zu können?
- Wie läuft das Validierungsverfahren ab?
- Welche Dokumente sind für die Antragsstellung nötig?
- Was kostet die Teilnahme am Validierungsverfahren?
- Was erhält man am Ende des Verfahrens?
- Wozu berechtigt ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit?
- Welche Möglichkeit besteht, wenn das Verfahren nur eine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit ergibt?
- Was ist ein Ergänzungsverfahren?
- Kann das Verfahren wiederholt werden?
- Ab wann ist eine Teilnahme möglich?
- Wo kann ein Antrag auf Zulassung zum Validierungsverfahren gestellt werden?
- In welchen Berufen wird das Validierungsverfahren angeboten?
- Wer führt das Validierungsverfahren durch?
- Wie lange dauert das Validierungsverfahren?
- Welchen Nutzen hat das Verfahren für Arbeitgeber?
- Gibt es besondere Bestimmungen für Menschen mit Behinderung?
An wen richtet sich das Verfahren?
Das Verfahren richtet sich an Erwachsene
- mit mehrjähriger Berufserfahrung,
- ohne Berufsabschluss im ausgeübten Beruf,
- mit Interesse an einem Nachweis über ihre Kompetenzen,
- für die eine Externenprüfung (noch) nicht in Frage kommt.
Wer kann an dem Validierungsverfahren teilnehmen?
Teilnehmen können Personen, die
- mindestens 25 Jahre alt sind,
- das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit als Berufserfahrung nachweisen können,
- ihren Wohnsitz in Deutschland haben oder die Hälfte der nötigen Berufserfahrung in Deutschland erworben haben
- im Referenzberuf keinen deutschen Berufsabschluss oder keinen anerkannten ausländischen Abschluss haben sowie,
- nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf stehen.
Da das gesamte Verfahren auf Deutsch durchgeführt wird, sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig.
Sind Deutschkenntnisse nötig?
Das gesamte Verfahren wird auf Deutsch durchgeführt, daher sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig. Das betrifft vor allem die Fachsprache im jeweiligen Beruf. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich von Ihrer IHK beraten.
Was ist ein Referenzberuf?
Der Referenzberuf ist der duale Ausbildungsberuf, in dem die berufliche Handlungskompetenz festgestellt werden soll.
Wie viel Berufserfahrung braucht man, um an einem Validierungsverfahren teilnehmen zu können?
Um an einem Validierungsverfahren teilzunehmen, ist mindestens das 1,5–fache der regulären Ausbildungszeit des Referenzberufs als einschlägige Berufserfahrung nötig. Diese muss den überwiegenden Teil des Berufsbildes abdecken.
Beispiel: Die Ausbildung im Beruf Fachlagerist/-in dauert zwei Jahre. Für eine Bewertung in diesem Beruf müssen mindestens drei Jahre relevante Berufserfahrung nachgewiesen werden.
Wie läuft das Validierungsverfahren ab?
Das Verfahren erfolgt in vier Schritten.
- Information und Beratung
Die interessierte Person erhält erste Informationen zum Verfahren und zu den Dokumenten, die für die Antragsstellung benötigt werden. Außerdem kann der passende Referenzberuf identifiziert werden. Der Referenzberuf ist ein dualer Ausbildungsberuf. - Antragsstellung
Die interessierte Person dokumentiert die beruflichen Fähigkeiten entlang des eigenen Lebenslaufs. Für die Antragsstellung werden die Angaben durch Arbeitszeugnisse, Arbeitsnachweise oder Zertifikate belegt. Die zuständige Stelle prüft den eingereichten Antrag und wertet die eingereichten Dokumente und Nachweise aus. - Bewertung
Ein Feststellungstandem, das aus zwei Prüfer/-innen besteht, stellt insbesondere mit praktischen und mündlichen Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit im Gesamten oder in überwiegenden Teilen des Berufsbildes fest. - Ergebnismitteilung
Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens stellt die IHK ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf oder einen Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus.
Kann keine ausreichende berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt.
Welche Dokumente sind für die Antragsstellung nötig?
- Kopie eines Identitätsnachweises (z.B. Personalausweis, Reisepass)
- Kopie eines Wohnsitznachweises (z.B. Personalausweis, Aufenthaltstitel)
- Angaben zur Berufserfahrung im Referenzberuf (z.B. aktueller Lebenslauf)
- Nachweise über den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit (z.B. Arbeitszeugnisse, Weiterbildungen, Schulungen)
- ggf. Antrag auf Nachteilsausgleich
Nachweise, die in einer anderen Sprache als in Deutsch ausgestellt sind, müssen in der Regel mit einer Übersetzung eingereicht werden.
Was kostet die Teilnahme am Validierungsverfahren?
Das Validierungsverfahren ist eine hoheitliche, gebührenpflichtige Leistung der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Die Gebühren legen wir in unserer Gebührenordnung fest.
Die Gebühren werden für die Zulassung zum Validierungsverfahren und für die Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit getrennt erhoben:
1. Gebühr für die Zulassung zum Verfahren („Antragsgebühr“ u.a. für Antragstellung, Auswertung der Antragsunterlagen)
2. Gebühr für die Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit („Bewertungsgebühr“ u.a. für Aufgabenerstellung, Bewertung durch das Feststellungstandem)
Materialkosten fallen ggf. extra an. Die IHK informiert Sie gerne zu den Gebühren in Ihrem Verfahren.
Was erhält man am Ende des Verfahrens?
Das Validierungsverfahren endet mit einem Zeugnis oder Bescheid. Folgende Ergebnisse sind möglich:
- Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
- Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
- Bescheid über die Ablehnung des Antrags, wenn keine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit festgestellt werden kann
Für Menschen mit Behinderung, für die auf Grund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist:
Bescheid über die teilweise Vergleichbarkeit ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit.
Hinweis:
Es wird kein Berufsabschluss vergeben. Diesen erhält nur, wer eine deutsche Abschlussprüfung erfolgreich ablegt
Wozu berechtigt ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit?
- Anspruch auf Zulassung zur Gesellenprüfung bzw. Abschlussprüfung (sog. Externenprüfung)
- Anspruch auf Zulassung zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe (z.B. geprüfter/geprüfte Berufsspezialist/-in, Bachelor Professional) (ggf. weitere Zulassungskriterien beachten)
- Ausbildungsberechtigung: Mit einem Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit liegt die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder vor. Die berufs- und arbeitspädagogische Eignung muss zusätzlich nachgewiesen werden (AEVO-Prüfung, Teil IV der Meisterprüfung), um ausbilden zu dürfen.
Hinweis: Auch ohne ein Zeugnis, das die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit bescheinigt, besteht die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen zur Externenprüfung bzw. zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe zugelassen zu werden.
Auch die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder kann unter bestimmten Voraussetzungen von der IHK widerruflich zuerkannt werden. Lassen Sie sich diesbezüglich von Ihrer IHK vorab beraten.
Welche Möglichkeit besteht, wenn das Verfahren nur eine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit ergibt?
Bei Erhalt eines Bescheides über die überwiegende Vergleichbarkeit, kann binnen fünf Jahren ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren gestellt werden. Dieses hat das Ziel, die vollständige Vergleichbarkeit zu erreichen.
Was ist ein Ergänzungsverfahren?
Das Ergänzungsverfahren richtet sich auf die Feststellung der vollständigen Vergleichbarkeit der beruflichen Kompetenzen. Ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren kann nur einmal gestellt werden.
Im Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit ist differenziert aufgeführt, für welche Bereiche die berufliche Handlungsfähigkeit besteht und für welche Bereiche sie nicht besteht. Im Ergänzungsverfahren werden nur die Bereiche bewertet, für die zuvor keine Handlungsfähigkeit festgestellt wurde.
Kann das Verfahren wiederholt werden?
Bei einem ablehnenden Bescheid kann nach einer Frist von 12 Monaten erneut ein Antrag zum Zwecke der Wiederholung gestellt werden. Dafür muss glaubhaft gemacht werden, dass neue oder zusätzliche berufliche Handlungsfähigkeit erworben wurde.
Ab wann ist eine Teilnahme möglich?
Die neuen rechtlichen Regelungen zum Validierungsverfahren werden erstmalig ab 1. Januar 2025 angewendet. Eine Antragsstellung bei zuständigen Stellen ist somit ab 1. Januar 2025 möglich.
Die Antragsunterlagen erhalten Sie von uns. Bitte beachten Sie, dass das Validierungsverfahren gebührenpflichtig ist.
Wo kann ein Antrag auf Zulassung zum Validierungsverfahren gestellt werden?
Die IHK Bonn/Rhein-Sieg ist die zuständige Stelle für Personen im Kammerbezirk. Bitte beachten Sie, dass mit der Antragsstellung eine Gebühr erhoben wird.
Lassen Sie sich vor einer Antragstellung beraten.
In welchen Berufen wird das Validierungsverfahren angeboten?
Das Validierungsverfahren wird in allen dualen Ausbildungsberufen angeboten, deren Zuständigkeit bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg liegen.
Wer führt das Validierungsverfahren durch?
Die erste Beratung findet bei Ihrer IHK vor Ort statt. Die Organisation und Durchführung übernimmt für Bonn/Rhein-Sieg übernimmt unsere IHK.
Die praktische Bewertung Ihrer beruflichen Kompetenzen führt ein Feststellungstandem durch. Dieses besteht aus zwei für das Verfahren geschulte Prüfer/-innen. Grundlage für die Bewertung ist die jeweilige Ausbildungsordnung des Berufs.
Wie lange dauert das Validierungsverfahren?
Die gesamte Dauer hängt unter anderem von den individuellen Voraussetzungen, vom Umfang des Antrags und dem jeweiligen Beruf ab.
Die praktische Bewertung kann, je nach Beruf und Umfang der zu bewertenden beruflichen Handlungsfähigkeit, zwischen einem Tag und mehreren Tagen dauern.
Welchen Nutzen hat das Verfahren für Arbeitgeber?
Mit dem Zeugnis/Bescheid der Kammern erhalten Arbeitgeber eine verlässliche Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden oder von Bewerber/-innen, die keinen Berufsabschluss haben. So können diese passgenau eingesetzt oder zielgerichtet weiterqualifiziert werden.
Nicht zuletzt bedeutet das Zeugnis bzw. der Bescheid eine besondere Wertschätzung und kann die die Mitarbeiterbindung stärken: Beruflich kompetente Menschen können im Unternehmen gehalten und motiviert werden, sich weiterzuentwickeln. Somit leistet das Validierungsverfahren auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Gibt es besondere Bestimmungen für Menschen mit Behinderung?
Für Menschen mit Behinderung nach §2 Absatz 1 Satz 1 SGB IX gelten zusätzliche Regelungen:
- Es kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden, wenn sich die gesundheitliche Einschränkung auf die Kompetenzfeststellung auswirkt.
- Es kann ein Antrag auf eine Verfahrensbegleitung gestellt werden.
Wenn aufgrund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist, gibt es eine zusätzliche Möglichkeit:
- Es ist ein Antrag auf teilweise Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit möglich.
- Die Altersgrenze von mindestens 25 Jahren für die Antragsstellung entfällt.
- Der Bescheid über die teilweise Vergleichbarkeit kann zusätzlich auch eine überwiegende oder vollständige Vergleichbarkeit mit einer Referenzausbildungsregelung gem. *§66 BBiG* ausweisen, sofern diese bundeseinheitlich geregelt ist.