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Schreckgespenst Abmahnung
Was Unternehmerinnen und Unternehmer wissen müssen
© FreepikVerstoßen Unternehmen gegen Schutzrechte oder kommen sie ihren Informationspflichten nicht nach, müssen sie mit einer Abmahnung rechnen. Doch nicht alle sind berechtigt. Deshalb sollten Betroffene wissen, worauf sie achten und was sie im Ernstfall unternehmen müssen.
Bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ist ein Gefühl im Hintergrund häufig präsent: die Sorge vor einer Abmahnung. Allzu oft tauchen zu diesem Thema auch Berichte in den Medien auf. In so manchen dieser Fälle sind die Betroffenen sich keiner Schuld bewusst, die Schreiben vom Anwalt oder von Verbraucherverbänden treffen sie vollkommen unvorbereitet. Gar nicht so selten steckt – das gilt vor allem für die Vergangenheit – ein Missbrauch des Wettbewerbsrechts dahinter. Umso besser ist es daher, wenn Unternehmen gut zum Thema informiert sind und die Risiken und mögliche Reaktionen einschätzen können.
Abmahnungen im Wettbewerbsrecht
Mit einer Abmahnung und den entsprechenden Folgekosten müssen Unternehmen rechnen, die gewissen Informationspflichten nicht nachkommen. Beispiele dafür sind die fehlende Datenschutzerklärung auf der Website (siehe dazu auch DIE WIRTSCHAFT 01 23) oder unterlassene Angaben im Impressum. Ebenso abmahnfähig sind Betriebe, die in unzulässiger Weise werben und fremde Schutzrechte verletzen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Verantwortliche sich fremder Logos bedienen oder Texte anderer kopieren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies unbewusst geschieht oder ob sie sich gezielt einen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerberinnen und Wettbewerbern verschaffen wollten.
Zur Abmahnung berechtigt sind Mitbewerber sowie Inhaberinnen und Inhaber von Schutzrechten wie Patenten oder Marken. Bei Verstößen im Wettbewerbsrecht können außerdem Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvereine abmahnen. Seit dem 2. Dezember 2020 setzt das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ einem solchen Vorgehen allerdings engere Grenzen und erschwert damit den in der Vergangenheit häufig erlebten Abmahnmissbrauch. So setzt die Abmahnbefugnis auf Seiten der abmahnenden Mitbewerber voraus, dass diese tatsächlich auf dem entsprechenden Markt aktiv sind, das heißt mit gleichen Produkten dieselben Kundenkreise ansprechen. Verbände und Vereine müssen eine erhebliche Anzahl an Mitgliedern aus der jeweiligen Branche haben und in der „Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände“ eingetragen sein.
Inhalt und Kosten einer Abmahnung
In seinem Schreiben teilt der Absender oder sein Anwalt dem Unternehmen den Grund seiner Abmahnung mit. Damit verbunden ist die Aufforderung, die Verletzung der Schutzrechte künftig zu unterlassen oder das wettbewerbswidrige Verhalten einzustellen. Neben den Abmahnkosten kommen im Fall einer Schutzrechtsverletzung meist noch Zahlungsansprüche auf den Verursacher zu. Außerdem muss er innerhalb einer Frist eine Unterlassungserklärung unterschreiben, nach der er bei Wiederholung eine Vertragsstrafe zahlen muss.
Der Aufwendungsersatz für den Anwalt des abmahnenden Wettbewerbers bewegt sich meist zwischen 300 und 800 Euro. Bei Abmahnung durch einen Verband liegt dessen Kostenpauschale in der Regel darunter. Diese Kosten entfallen allerdings, wenn es sich um einen Verstoß gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet handelt. Das Gleiche gilt bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht, wenn das Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
Vertragsstrafen für den Wiederholungsfall belaufen sich oft auf mehrere Tausend Euro. Bei Bagatellen dürfen sie jedoch den Betrag von 1.000 Euro nicht überschreiten. Dabei ist von der Rechtsprechung zu klären, was in diesen Bereich fällt. Zu beachten ist außerdem, dass die Strafzahlungen für jeden erneuten Verstoß anfallen. Keine Vertragsstrafe können Mitbewerber allerdings bei einer ersten Abmahnung geltend machen, wenn der oder die Abgemahnte weniger als 100 Mitarbeitenden hat.
Was Unternehmen nach Erhalt einer Abmahnung tun müssen
Erhalten Unternehmerinnen oder Unternehmer eine Abmahnung, dürfen sie diese keinesfalls ignorieren. Das gilt auch dann, wenn sie diese für unberechtigt halten. Denn dann laufen sie Gefahr, dass der Wettbewerber oder sein Beauftragter Klage erheben. Stattdessen sollten sie umgehend aber besonnen handeln. Dazu gehört auch, keinesfalls sofort die Unterlassungserklärung zu unterschreiben oder den geforderten Geldbetrag zu zahlen. Entscheidend ist nur, dass sie innerhalb der gesetzten Frist eine erste Reaktion zeigen und bei Bedarf schriftlich eine Fristverlängerung vereinbaren.
Zunächst sollten Betroffene jedoch die erhaltene Abmahnung genau prüfen. Das betrifft sowohl die Berechtigung des Absenders als auch die geschilderten Verstöße. Auch bei der angesetzten Vertragsstrafe und den Kosten sollte kontrolliert werden, inwiefern diese angemessen sind. Anwaltliche Beratung kann helfen, dies sicher einzuschätzen.
Ist die Abmahnung berechtigt, müssen Unternehmen die Kosten dafür tragen und die Unterlassungserklärung unterschreiben – mitunter allerdings in modifizierter Form. Denn häufig ist diese ungenau formuliert oder zu weit gefasst. Eine Konkretisierung ist dann entscheidend. Dabei sollten Betroffene jedoch einen Anwalt hinzuziehen, um nicht unbewusst Nachteile zu erleiden. Ist die Abmahnung dagegen unberechtigt oder unseriös, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer diese zurückweisen. Dies gilt aber nur, wenn sie dies rechtlich verbindlich belegen können. Ansonsten sollten sie auch hier gegebenenfalls eine Modifikation der Unterlassungserklärung anstreben.
Anzeichen für Rechtsmissbrauch bei der Abmahnung
Gerade vor dem Hintergrund zahlreicher rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen in der Vergangenheit ist Wachsamkeit weiterhin empfehlenswert. Mahnen Wettbewerberinnen und Wettbewerber in großer Zahl wegen derselben Verstöße ab, kann dies ein Beleg für Rechtsmissbrauch sein. Das gilt umso mehr, wenn diese Bemühungen im Gegensatz zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit stehen. Auch überhöhte Vertragsstrafen oder Gegenstandswerte, die die in Rechnung gestellten Kosten erhöhen, können einen Hinweis auf Missbrauch darstellen.
Am besten kann ein Fachanwalt für Wettbewerbsrecht beurteilen, ob die erhaltene Abmahnung möglicherweise unseriös oder unberechtigt ist. Auch die IHK Bonn/Rhein-Sieg steht bei Zweifeln gerne als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Kann das Unternehmen nach einer solchen Prüfung einen Rechtsmissbrauch nachweisen, sollte es sich wehren. In diesem Fall lassen sich Gegenansprüche geltend machen. Das heißt, der Betroffene kann verlangen, dass der Abmahnende seine zur Verteidigung entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten ersetzt.
Von Martina Schäfer, FINIS Kommunikation