Anfang 2024 leidet die regionale Wirtschaft noch immer unter einer schwachen konjunkturellen Entwicklung – der Aufschwung lässt weiter auf sich warten. Das belegt der aktuelle Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg. Nur elf Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den kommenden Monaten mit einer Verbesserung der Geschäfte. Demgegenüber erwarten 38 Prozent eine weitere Verschlechterung ihrer Lage. Der IHK-Konjunkturklimaindex hat im Vergleich zur Herbst-Umfrage noch einmal fast vier Punkte eingebüßt. Mit 83 Punkten nähert er sich dem Stand zu Beginn des Ukrainekrieges.
„Nur auf dem Höhepunkt der Coronapandemie und während der Finanzkrise 2009 war das Klima in der regionalen Wirtschaft noch schlechter“, sagt IHK-Präsident Stefan Hagen. „Ein Grund für die derzeitige Situation sind die Krisen dieser Welt. Sie treffen Deutschland als Exportnation besonders stark. Es gibt aber auch hausgemachte Gründe für die schwache Entwicklung: Bei den hohen Energiepreisen und Unternehmenssteuern, der mitunter ausufernden Bürokratie oder der vielerorts maroden Infrastruktur sind Politik und Verwaltung gefordert, die Standortbedingungen wieder nachhaltig zu verbessern. Konkrete Vorschläge hierzu haben die Spitzenverbände der Wirtschaft kürzlich in einem Brief an den Bundeskanzler übermittelt.“
Ihre aktuelle Geschäftslage bezeichnen 21 Prozent der Unternehmen als gut, 27 Prozent als schlecht. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sieht das Geschäft gleich von einer Vielzahl von Risiken bedroht: von hohen Energie- und Rohstoffpreisen, den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, der schwachen Inlandsnachfrage, steigenden Arbeitskosten und dem Fachkräftemangel.
„Aus der Bundespolitik kamen im vergangenen Jahr leider Signale, die das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung und die Konsumlaune noch zusätzlich geschwächt haben. Zu nennen ist hier allen voran die Haushaltskrise und die damit verbundenen oder zumindest zwischenzeitlich zu befürchtenden Auswirkungen auf die Transformation der Wirtschaft“, sagt Dr. Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg. „Um das Konjunkturklima zu verbessern, ist eine stringente und zuverlässige Politik wichtig, die Investitionen befördert, indem sie zum Beispiel die im Entwurf jetzt vorliegende Kraftwerksstrategie rechtssicher und schnell umsetzt oder bessere Abschreibungsbedingungen schafft.“
Das anhaltend trübe Konjunkturklima wirkt sich jetzt auch immer stärker auf die Investitionsbereitschaft und die Beschäftigungsabsichten aus. 42 Prozent der Unternehmen planen mit weniger Investitionen. Nur noch elf Prozent der Unternehmen wollen zusätzliches Personal einstellen, fast doppelt so viele planen eine Reduzierung. Bei den Exporten setzt sich der Rückgang in etwas abgeschwächter Form fort. Positive Signale gibt es hier nur von den Investitionsgüterproduzenten.
In der Dienstleitungsbranche kann der IHK-Geschäftsklimaindex seinen Abwärtstrend stoppen und wieder leicht zulegen. Mit 93 Punkten liegt er jetzt vier Punkte über dem Wert der Herbstumfrage 2023. Allerdings erwarten nur 14 Prozent der befragten Unternehmen eine Verbesserung der Geschäfte.“
Der IHK-Geschäftsklimaindex für die Industrie erholt sich nach dem Absturz im Herbst deutlich, liegt aber noch klar unter den Vorjahreswerten. 93 Punkte bedeuten eine Zunahme um 17 Punkte. Auslöser hierfür ist die verbesserte Beurteilung der aktuellen Geschäftslage. Im Herbst bezeichneten 47 Prozent diese als schlecht. Dieser Wert hat sich zum Jahresbeginn auf 24 Prozent fast halbiert. Nur leicht aufgehellt haben sich dagegen die Perspektiven für die kommenden Monate. Elf Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte, 22 Prozent erwarten eine Verschlechterung. Das wichtigste Risiko sind hierbei steigende oder zu hohe Energie- und Rohstoffkosten. 82 Prozent sehen hierin eine Gefahr. Auf Platz zwei folgt die Inlandsnachfrage.
Der IHK-Konjunkturklimaindex für den Einzelhandel gibt erneut um sieben Punkte nach und erreicht nur noch 66 Punkte. Die Krisen der letzten Jahre, die hohe Inflation, die Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt und die anhaltende Verunsicherung der Verbraucher führen zu einer Zurückhaltung beim Konsum. Fast die Hälfte der Einzelhändler rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäfte in den kommenden Monaten. Nur sieben Prozent glauben an einen Aufschwung. Bei jedem zweiten Einzelhändler sind die Umsätze in den letzten Monaten gesunken. „Ein wichtiger Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation der Innenstädte ist ein aktives Zentrenmanagement“, sagt Hauptgeschäftsführer Hille. „In der niederländischen Stadt Utrecht wird dieses gemeinsam von Stadt, Handel und Gewerbe sowie Immobilienbesitzern getragen und finanziert. Dies hat den Vorteil, dass viele Themen wie Citymarketing, Innenstadtattraktivität, Leerstand, Wohnen in der City sowie die Förderung innovativer Projekte unter Beteiligung der Wirtschaft zusammen gedacht und verknüpft bearbeitet werden können.“
Der IHK-Konjunkturklimaindex für die Informations- und Kommunikationsbranche hat sich im Vergleich zur Herbstumfrage kaum verändert. Ihre aktuelle Geschäftslage bewerten 28 Prozent als gut. Jedes dritte Unternehmen ist mit seiner Situation unzufrieden. Entsprechend berichten 34 Prozent von gefallenen Umsätzen und nur 18 Prozent verzeichnen ein Umsatzwachstum. Deutlicher im negativen Bereich liegt weiterhin der Saldo der Erwartungen. Die Beschäftigtenzahlen sollen in 70 Prozent der Unternehmen konstant bleiben.
Der IHK-Konjunkturklimaindex für das Verkehrsgewerbe ist zum Jahresbeginn eingebrochen. Er verliert fast 30 Punkte und liegt mit 58 Punkten wieder auf dem Niveau der Coronapandemie. Erhöhungen der LKW-Maut und des CO2-Preises, die Angriffe im Roten Meer und die Streiks bei der Bahn wirken sich in dieser Branche offenbar neben dem allgemeinen Wirtschaftsklima zusätzlich negativ aus. Jedes dritte Unternehmen berichtet von einer schlechten Geschäftslage, nur noch acht Prozent sind zufrieden. Auch die Erwartungen für die kommenden Monate rutschen in den Keller. 61 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Geschäfte. 63 Prozent wollen in Zukunft weniger investieren als bisher. Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten wollen 70 Prozent ihren Personalstand konstant halten und sich somit die benötigten Arbeits- und Fachkräfte sichern.